Shakespeare Jahrbuch 144 (2008)
Shakespeares Klangwelten
Im Zentrum des Jahrbuchs stehen die körperlichen, die emotionalen und kognitiven Dimensionen des Hörens sowie die Ästhetik von Stille, Ton und Stimme. Dabei ist die Grundüberlegung, daß sich Shakespeares Dramen nicht in Monologen und Dialogen erschöpfen; auf der Bühne wird vielmehr auch gelärmt, musiziert oder geschwiegen. Zudem geben Shakespeares Dramen Aufschluß über gesellschaftliche Praktiken des Hörens und die frühneuzeitlichen Ordnungen von Geräuschen. In ihrem Beitrag, der einen Bogen vom griechischen Theater über die Shakespeare-Bühne bis zu zeitgenössischen Shakespeare-Inszenierungen schlägt, stellt Doris Kolesch die traditionelle Konzentration auf das Visuelle in Frage und betont, daß Theater immer eine Kombination von theatrum und auditorium ist. Claudia Benthien konzentriert sich dagegen auf das Schweigen und die Stille in Shakespeares Sonetten; sie untersucht das Schweigen in Hinblick auf seine inhaltlichen wie strukturell-formalen Aspekte und fragt nach seiner Bedeutung für den frühneuzeitlichen Liebesdiskurs. Jerzy Limon setzt sich ebenfalls mit der Stille auseinander: Er lotet die Differenz zwischen der (akustischen) Stille auf der Bühne und der Stille im fiktionalen Raum aus. An diese eher grundsätzlich ausgerichteten Beiträge schließen sich Einzelstudien an: John Joughin geht in seinem Beitrag von Jacques Derridas Überlegungen in Einsprachigkeit des Anderen aus und argumentiert, daß Shakespeares ‘heimatlose’ Protagonisten uns mit einem ‘anderen Englisch’ konfrontieren. In seinem Beitrag zu King Lear untersucht Björn Quiring, inwiefern das Brausen und Donnern des Sturmes sich als Auseinandersetzung mit der Vorstellung eines göttlich geordneten Universums sowie mit dem naturrechtlichen Diskurs der Zeit lesen läßt. Veronika Schandl diskutiert die politische Bedeutung von Isabellas Schweigen am Ende von Measure for Measure in zwei Inszenierungen aus dem sozialistischen Ungarn. Susanne Rupp schließlich erörtert am Beispiel des Midsummer Night’s Dream den ‘Mehrwert’ von Analysen, die die akustische Dimension der Stücke, also den Faktor ‘Klang’, einbeziehen.
Table of Contents Volume 144 (2008)
Vorträge und Aufsätze
Shakespeares Klangwelten
- Shakespeare hören: Theatrale Klangwelten in der griechischen Antike, zu Zeiten Shakespeares und in gegenwärtigen Shakespeare-Inszenierungen. Von Doris Kolesch
- “Tongue-tied speaking”: Paradoxien des Nicht-Sagens und ‘Äußerungen’ der Stille in William Shakespeares Sonnets. Von Claudia Benthien
- Speaking Native Shakespeare: Language, Potentiality and Expression. By John J. Joughin
- The Fifth Wall: Words of Silence in Shakespeare’s Soliloquies and Asides. By Jerzy Limon
- “Mark the High Noises” – King Lear und der natürliche Grund des Donners. Von Björn Quiring
- Silence, ‘Doublespeak’ and Reading Between the Lines: Two Productions of Measure for Measure in Late Socialist Hungary. By Veronika Schandl
- Sommernachtsklänge: Die Klangwelt des Midsummer Night’s Dream. Von Susanne Rupp
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- The Domestication of Othello. By Lena Cowen Orlin
- Interioritätskonstruktionen und Freundschaftsdiskurs bei Shakespeare. Von Ute Berns
Miszelle
- Shakespeare’s Law – Exploring Cultural Forces with a Moot Court Project. By Judith E. Luig
Theaterschau – Shakespeare auf deutschsprachigen Bühnen 2006 / 2007 (Gesamtredaktion: Norbert Greiner)
- ‘Gammel-Shakespeare’ und ‘Doppelpack’: Shakespeare auf norddeutschen Bühnen (Norbert Greiner, Felix Sprang)
- Shakespeare, thou art translated! Berliner Sommernachtsträume hart und zart (Maik Hamburger)
- Zwischen Spaßinsel und Endspiel – Shakespeare an Rhein und Ruhr (Claus Clemens)
- Shakespeare satt auf Österreichs Bühnen – in der Burg und anderswo (Holger Klein)
- Hamlet oder Was ihr wollt – auf Schweizer Bühnen (Markus Marti)
- Verzeichnis der Shakespeare-Inszenierungen, Spielzeit 2006 / 2007 (Reinhard Krakow)
Bücherschau (Gesamtredaktion: Tobias Döring und Joachim Frenk)
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Kill all the lawyers: Recht und Gesetz in Shakespeares England
P. Blank, Shakespeare and the Mismeasure of Renaissance Man; E. Fudge, Brutal Reasoning: Animals, Rationality, and Humanity in Early Modern England; C. Jordan / K. Cunningham eds., The Law in Shakespeare; R. Lemon, Treason by Words: Literature, Law, and Rebellion in Shakespeare’s England; S. Mukherji, Law and Representation in Early Modern Drama (E. Ruge)
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Was vom Barden übrig blieb: Neukonzeptionen in der Theorie
R. H. Wells, Shakespeare’s Humanism; R. Wilson, Shakespeare in French Theory: King of Shadows (S. Schülting); A. Sinfield, Shakespeare, Authority, Sexuality: Unfinished Business in Cultural Materialism (K. Tetzeli v. Rosador); G. Egan, Green Shakespeare: From Ecopolitics to Ecocriticism; E. Fernie ed., Spiritual Shakespeares; A. F. Kinney, Shakespeare and Cognition: Aristotle’s Legacy and Shakespearean Drama (D. Feldmann)
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Die Queen, die Nation, ihr Subjekt und ihr Liebhaber
F. Kläger, Forgone Nations: Constructions of National Identity in Elizabethan Historiography and Literature: Stanihurst, Spenser, Shakespeare; L. Montrose, The Subject of Elizabeth: Authority, Gender, and Representation (J. Frenk); C. Perry, Literature and Favoritism in Early Modern England (A. J. Johnston)
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Italian for Beginners: Florio and Friends
J. Lawrence, ‘Who the devil taught thee so much Italian’: Italian Language Learning and Literary Imitation in Early Modern England; M. Wyatt, The Italian Encounter with Tudor England: A Cultural Politics of Translation (M. Pfister
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All made of passion: Trauern und Lieben
T. P. Anderson, Performing Early Modern Trauma from Shakespeare to Milton; A. Brady, English Funerary Elegy in the Seventeenth Century: Laws in Mourning; K. Goodland, Female Mourning and Tragedy in Medieval and Renaissance English Drama: From the Raising of Lazarus to King Lear (A. Assmann);C. Biewer, Die Sprache der Liebe in Shakespeares Komödien: Eine Semantik und Pragmatik der Leidenschaft (W. v. Koppenfels)
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Ortstermine im Theater: Publikum, Bühnenbau, Bühnenmusik
B. Boecker, Shakespeares elisabethanisches Publikum: Formen und Funktionen einer Fiktion der Shakespearekritik und –forschung; C. Whitney, Early Responses to Renaissance Drama (W. Brönnimann); H. S. Turner, The English Renaissance Stage: Geometry, Poetics, and the Practical Spatial Arts, 1580–1630 (B. Klein); P. Ohlmann, “How shall we find the concord of this discord?”: Musik und Harmonie in Shakespeares Romanzen und in zeitgenössischen Texten; B. Ravelhofer, The Early Stuart Masque: Dance, Costume, and Music (S. Fielitz)
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Cross-Mappings, Collaborations, Multiplications: Film und Oper als Shakespeare-Medien
S. Simkin, Early Modern Tragedy and the Cinema of Violence; L. F. Rhu, Stanley Cavell’s American Dream: Shakespeare, Philosophy, and Hollywood Movies (E. Bronfen); E. French, Selling Shakespeare to Hollywood: The Marketing of Filmed Shakespeare Adaptations from 1989 into the New Millennium; M. T. Burnett / R. Wray eds., Screening Shakespeare in the Twenty-First Century (D. Lanier); D. E. Henderson, Collaborations with the Past: Reshaping Shakespeare across Time and Media; C. Clausen, “Macbeth” Multiplied: Negotiating Historical and Medial Difference between Shakespeare and Verdi (T. Hoenselaars)
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Von deutscher Wissenschaft und Schule
S. Meyer, Checkpoint Shakespeare: Shakespeare-Rezeption in Deutschland als deutsche Nationsgeschichte 1945–1990; I. R. Makaryk / J. Price eds., Shakespeare in the Worlds of Communism and Socialism (R. Frfr v. Ledebur); R. Petersohn / L. Volkmann eds., Shakespeare didaktisch: Neue Perspektiven für den Unterricht (A. Mersmann)
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Anzeigen
Berichte
- Tätigkeitsbericht des Präsidenten (Frühjahr 2007). Von Andreas Höfele
- Klangwelt Shakespeare – Shakespeare-Tage in Bochum, 20.–22. April 2007.Von Dieter Fuchs
- “Kleine Herbsttagung” in Weimar, 23.–24. November 2007. Von Dieter Fuchs
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- Register
- Über die Autorinnen und Autoren der Aufsätze und Vorträge