Shakespeare-Jahrbuch 141 (2005)
Shakespeare – Goethe – Schiller
Die “drei Weimarer Klassiker” (so titulierte sie das Programm der Shakespeare-Tage im Frühjahr 2004 in Weimar) werden in diesem Jahrbuch aus sehr verschiedenartigen, zeitgenössischen und nachzeitigen Perspektiven vorgestellt. Während Durs Grünbein einen persönlichen Bezug darlegt, erläutert Dieter Borchmeyer aus der Sicht eines Literarhistorikers das komplexe intertextuelle Verhältnis Goethes und Schillers zu Shakespeare und zueinander. Die Wandlungen in Goethes Shakespeare-Verständnis zeichnet sodann Hendrik Birus detailliert nach. Rückwirkungen des Shakespeare-Bilds der deutschen Klassik auf das englische Bild von Shakespeare und von deutscher Literatur diskutiert Frederick Burwick am Beispiel von Coleridges Unternehmen, den Faust zu übersetzen. Silke Schlichtmann zeigt in der Auswertung der Briefe Rahel Levin Varnhagens, welche Bedeutung die Goethe- und Shakespearelektüre für die Selbstmodellierung einer jüdischen deutschen Frau haben konnte. Die Funktion der Klassikertriade im Prozeß der Herausbildung nationaler Identität wird in Péter Dávidházis Beitrag über Ferenc Toldy und sein Projekt einer Geschichte der ungarischen Nationalliteratur paradigmatisch dargelegt. Andere Aufsätze dokumentieren den Widerstand gegen die Entstehung und gegen die Kriterien des Klassikerkults: Norbert Greiner rückt den Dissens gegenüber die Weimarer Klassik bei Goethes und Schillers schreibenden Zeitgenossen aus dem Schatten der Rezeptionsgeschichte in das Licht seines Beitrags; Susanne Rupp wie auch Isabel Karremann und Carolin Roder artikulieren heutiges Befremden gegenüber universalistischen und hagiographischen Wertungskategorien.
Ein Novum im diesjährigen Jahrbuch ist die von Johann N. Schmidt besorgte “Filmschau”, die auch in Zukunft erscheinen wird, sofern über interessante neue Verfilmungen von Shakespeares Werk und Leben zu berichten ist.